Warum Polen das perfekte Reiseziel für Kulturliebhaber ist

Andreas Kleinberg
Andreas Kleinberg 11 Min. Lesen

Die polnische Kultur kann vielen der deutschsprachigen Kulturliebhaber/innen noch kein großer Begriff sein, dennoch verbirgt sie richtige Schätze, sowohl in Form von historischen Sehenswürdigkeiten als auch aktuellen Events und Trends in Architektur, Kunst, Musik oder Literatur. Hier möchten wir die wichtigsten darstellen.

Historische Sehenswürdigkeiten

In Polens Sehenswürdigkeiten spiegelt sich die reiche kulturelle Geschichte wider, die vor allem in den Städten erhalten ist. Warschau, Krakau, Danzig, Posen oder Breslau sind sicherlich die bekanntesten. Hier kreuzen sich die kulturellen Strömungen aus dem Westen und Osten, hier treffen sich deutsche, slawische, ja fernöstliche Einflüsse – im Land, das einmal das Tor Europas war und durch das viele wichtige Handelsrouten verliefen.

Kraków (Krakau) ist ein wunderbares Beispiel einer derartigen Kulturprägung. Krakau ist seit dem Mittelalter ein wichtiges Handelszentrum und ein kulturelles Zentrum Polens. Es ist auch bekannt für seine Architektur und seine reiche Geschichte, die sich in den zahlreichen historischen Gebäuden, Kirchen und Palästen zeigt. Bemerkenswert sind der riesige Markt und die Marienkirche. Den berühmten Altar der Marienkirche hat Veit Stoß geschaffen. Unweit des großen Marktes befindet sich das Schloss Wawel, das einst die Residenz der polnischen Könige war und heute ein symbolisches kulturelles Zentrum des Landes ist. Es beherbergt eine Vielzahl von Museen und Kunstgalerien. Ein paar Schritte vom Schloss entfernt, bietet das ehemalige jüdische Viertel Kazimierz Einblick in die städtische Architektur der letzten Jahrhunderte mit zahlreichen Synagogen und ist heute eine beliebte Partymeile.

Ebenso in der Nähe von Krakau (ca. eine halbe Stunde Busfahrt entfernt) ist das Salzbergwerk Wieliczka zu erreichen – eines der ältesten noch aktiven Salzbergwerke der Welt, das von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurde. Es ist auch bekannt für seine atemberaubenden unterirdischen Kapellen und seine Skulpturen, die von den Bergleuten selbst aus Salz geformt wurden.

Ein anderes, sehr trauriges Kapitel der Geschichte in dieser Region stellt das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau dar, ein Denkmal für die Gräueltaten des Zweiten Weltkriegs. Es ist heute eine Gedenkstätte und ein Museum, das daran erinnert, wie wichtig es ist, die Erinnerung an die Opfer des Holocausts wachzuhalten.

Das unweit von Kleinpolen und Krakau gelegene Schlesien (polnisch: Śląsk) ist eine historische Region mit einer reichen Kultur und Geschichte. Sowohl Wrocław (Breslau) mit seiner mittelalterlichen Architektur, das Schloss Książ und die kleinen Städte unweit der deutschen Grenze als auch Oberschlesien mit seinen Bergwerken und der modernen industriellen Bebauung sind einen Besuch wert. Hier sind vor allem Katowice (Kattowitz) und zahlreiche Siedlungen von Bergarbeitern (wie z. B. Nikiszowiec) vom Anfang des 20. Jahrhunderts zu empfehlen.

Als Hauptstadt und die größte Stadt Polens kann Warszawa (Warschau) in dieser Zusammenstellung nicht fehlen. Das Zusammenspiel von Alt und Neu enthüllt hier überraschende Kontraste. Das Königsschloss in Warschau wurde im 17. Jahrhundert erbaut und ist ein herausragendes Beispiel für barocke Architektur. Es wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und später wieder aufgebaut und ist heute ein Museum, das einen Einblick in die polnische Geschichte bietet. Nicht weit von der restaurierten Altstadt befindet sich der monumentale Kultur- und Wissenschaftspalast, ein Zeugnis der kommunistischen Vergangenheit Polens und der Verbindungen mit der Sowjetunion, bis heute ein umstrittenes Denkmal, das nach wie vor als Sitz von Kultur- und Wissenschaftsinstitutionen dient.

Im Norden Polens prangen historische Bauten, die Beweis einer reichen Geschichte der deutsch-polnischen Kontakte sind. Malbork (Marienburg) beherbergt eine imposante Burg, die von den Deutschrittern im 13. Jahrhundert erbaut wurde. Sie ist ein hervorragendes Beispiel für mittelalterliche Architektur und war einst der Sitz des Ordens. Die wunderbare gotische Architektur dieser Zeit sowie Spuren des Kreuzritterordens kann man auch in Toruń (Thorn) besichtigen. Die Altstadt von Gdańsk (Danzig) ist bekannt für ihre schönen Gebäude im gotischen und barocken Stil. Die meisten Gebäude in Danzig wurden nach dem Zweiten Weltkrieg rekonstruiert, und die Altstadt wurde in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen. Ebenso wären hier die Werft und die Westerplatte unbedingt zu besuchen, die Zeugen wichtiger Ereignisse der Geschichte des 20. Jahrhunderts waren.

Einzigartig ist der Kulturweg der Holzarchitektur in Süd- und Ostpolen, der durch viele bekannte und unbekannte Orte führt. Dort sind wahre Perlen der alten Holzarchitektur verborgen, darunter katholische und orthodoxe Kirchen, Gutshäuser und Freiluftmuseen, wie z. B. dasjenige in Sanok, im Bieszczady-Gebirge, das die multikulturelle Geschichte Polens und den Alltag vergangener Generationen in der Region präsentiert.

Falls die klassische Architektur jemandem nicht unbedingt zusagt, kann man in jeder größeren Stadt Polens an (n)ostalgischen Besichtigungsrunden teilnehmen, in denen die Geschichte, die Architektur und der Alltag der Volksrepublik Polens erkundet wird. Für DDR-Interessierte ein Muss!

Museen, Ausstellungen, Kulturfestivals

Den Reichtum der Kultur Polens kann man am besten in Museen und Ausstellungen im ganzen Land bewundern, deren Spannbreite von traditionellen Museen bis hin zu modernen, multimedialen Ausstellungen reicht. Die schnell steigende Zahl von historischen und gegenwärtigen Kunstausstellungen wird um Kulturevents ergänzt, die das sich verändernde kulturelle Bild Polens dokumentieren.

Zu den bekanntesten, mit dem Zweiten Weltkrieg verbundenen Museen Polens zählen das Museum des Warschauer Aufstands, das Schindler-Museum in Krakau sowie das Museum des Zweiten Weltkriegs in Danzig. Das Museum des Warschauer Aufstands ist eine interaktive Ausstellung, die die Besucher durch die Ereignisse des Aufstands im Jahre 1944 führt und das Leben in Warschau während des Zweiten Weltkriegs zeigt. Das Schindler-Museum ist der Geschichte des Unternehmers Oskar Schindler und seiner Rettung von mehr als 1000 Juden während des Zweiten Weltkriegs gewidmet. Es befindet sich in der ehemaligen Fabrik von Schindler in Krakau und zeigt eine Vielzahl von Ausstellungen und Artefakten aus dieser Zeit. Das Museum des Zweiten Weltkriegs in Danzig ist eine wichtige Bildungs- und Kultureinrichtung, die ein umfassendes Verständnis des Krieges und seiner Auswirkungen auf die Welt vermittelt. Die Sammlungen des Museums sind sehr umfangreich, unter anderem hat man dort ganze Straßen in Danzig vor und nach dem Krieg nachgebaut.

Zu den Museen, die das Kulturleben der Gegenwart dokumentieren, gehört das Museum für Moderne Kunst in Warschau. Es ist eines der wichtigsten Museen für zeitgenössische Kunst in Polen, beherbergt eine Sammlung von mehr als 5000 Werken und organisiert regelmäßig Sonderausstellungen und Veranstaltungen. Klassische Werke kann man unter anderen im Warschauer Nationalmuseum sowie im Wawel-Museum in Krakau bewundern. Während eines Besuchs in Warschau muss man unbedingt das Copernicus Science Centre besuchen. Es ist ein interaktives Wissenschaftsmuseum mit vielen spannenden Ausstellungen und Experimenten.

Polen ist auch bekannt für seine lebendige Kulturszene und hat eine Vielzahl von Festivals, die regelmäßig stattfinden. Zu den bekanntesten Kulturfestivals in Polen gehören: Das Internationale Filmfestival Nowe Horyzonty in Breslau, das aktuelle und anspruchsvolle Filme präsentiert, das Internationale Joseph-Conrad-Literaturfestival in Krakau, das Jazz Jamboree Festival als das älteste Jazzfestival in Europa, das jedes Jahr im Oktober in Warschau stattfindet, der renommierte, alle fünf Jahre stattfindende Internationale Chopin-Wettbewerb als einer der wichtigsten Musikwettbewerbe der Welt oder das Ethno Port Festival in Poznań (Posen), das die traditionelle Musik und Kultur aus der ganzen Welt feiert. Nicht zu übersehen sind auch große Popmusikfestivals wie das Open‘er Festival in Gdynia oder das traditionsreiche Kultfestival der Rockmusik Pol’and’Rock (früher als Przystanek Woodstock bekannt), das Hunderttausende von Fans versammelt.

Polnische Kunst, Literatur und Musik

Es lohnt sich, außer den bekannten klassischen polnischen Künstler/innen auch die berühmtesten Künstler/innen der Gegenwart zu kennen, die ihre Werke auf Weltniveau schaffen und über einen unverwechselbaren Stil verfügen. Fantastische Bilder von Zdzisław Beksiński machen jetzt wieder Karriere. Die Skulpturen von Magdalena Abakanowicz und Igor Mitoraj kann man heutzutage in der ganzen Welt bewundern.

Die polnische Literatur hat eine reiche Tradition, die bis ins 10. Jahrhundert zurückreicht. Im 20. Jahrhundert wurde sie mit zahlreichen Nobelpreisen geehrt, unter anderen für die Poeten Czesław Miłosz und Wisława Szymborska. Stanisław Lem gehört zu den Klassikern der Science-Fiction, Ryszard Kapuściński schrieb vieldiskutierte und mehrmals übersetzte Reportagen, zu den wichtigsten Namen im Drama und Theater der letzten Jahrzehnte gehören Witold Gombrowicz, Sławomir Mrożek oder Tadeusz Kantor. Mit dem Nobelpreis für Olga Tokarczuk im Jahre 2019 erlebt die polnische Literatur eine Renaissance. In deutschen Übersetzungen kann man unter anderen die wichtigen Gegenwartsautor/innen Andrzej Stasiuk, Szczepan Twardoch oder Joanna Bator lesen.

Die polnische Musik assoziiert man freilich mit Frédéric Chopin, Witold Lutosławski oder Krzysztof Penderecki, deren Werke wichtige Entwicklungspunkte in der Geschichte der symphonischen Musik und der Kammermusik markieren. Hier möchten wir auch auf den polnischen Jazz hinweisen, der in Polen sehr stark ist und aus vielen, sowohl östlichen als auch westlichen Kulturquellen schöpft. Solche Musiker wie Tomasz Stańko, Leszek Możdżer, Marcin Wasilewski oder Anna Maria Jopek haben internationale Karrieren gemacht und wurden auch von deutschen Labels, wie ECM oder ACT, herausgegeben. Es muss auch die polnische Volksmusik erwähnt werden, die den kulturellen Reichtum zahlreicher Regionen Polens repräsentiert und auch von gegenwärtigen Musiker/innen als wichtige Inspirationsquelle betrachtet wird.

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